Russland 3

27.7. - 26.8.2011  - 5370 Km

Am russischen Grenzposten brach regelrecht Hektik aus. Wir wurden an der Schlange der wartenden Autos vorbei gewunken und unsere Pässe wurden kontrolliert. Wenig später knallte der Einreisstempel in unsere Pässe und wir durften die Zollerklärungen ausfüllen. Da auch hier der Feierabend wartete, halfen alle fleißig mit. Denn klar, wenn keiner mehr da ist, dann ist Schluß für heute. So wurde geschrieben und geschrieben und nach einer Stunde rollten wir wieder auf russischem Boden.

Unweit des Grenzortes fanden wir den perfekten Platz zum Zelten. Wir bauten unser „Haus“ direkt auf einem Hügel auf, mit Blick auf Berge, einen Fluss und die endlosen Wälder. Ein Traum! Auch die Mücken hielten sich zum Glück für uns, sehr zurück.

Vorbei an Ulan Ude ging es auf der M 55 in Richtung Chita. Sehr abwechslungsreich führte die Strasse uns immer weiter in den Osten, leider im Regen. Bei einer Mittagsrast in einem Cafe sprach uns ein Mann an. Mit nur wenigen englischen Worten versuchte Alexander uns zu erklären, dass wir ihn anrufen sollen, wenn wir in Khabarovsk wären. Da gäbe es einen Motorradclub, der ein Gasthaus für reisende Motorradfahrer hat. Alexander ist auch Motorradfahrer und er sah draussen unsere Motorräder stehen, so ist Russland! Wir notierten seine Nummer und verabschiedeten uns von ihm. Es regnete immer noch…

Vorbei an Ulan Ude ging es auf der M 55 in Richtung Chita. Sehr abwechslungsreich führte die Strasse uns immer weiter in den Osten, leider im Regen. Bei einer Mittagsrast in einem Cafe sprach uns ein Mann an. Mit nur wenigen englischen Worten versuchte Alexander uns zu erklären, dass wir ihn anrufen sollen, wenn wir in Khabarovsk wären. Da gäbe es einen Motorradclub, der ein Gasthaus für reisende Motorradfahrer hat. Alexander ist auch Motorradfahrer und er sah draussen unsere Motorräder stehen, so ist Russland! Wir notierten seine Nummer und verabschiedeten uns von ihm. Es regnete immer noch…

In Chita erledigten wir den fälligen Ölwechsel, kauften noch ein paar Vorräte ein und machten uns auf den langen Weg nach Khabarovsk. Über 2000 Kilometer trennen die beiden Städte  und noch vor zwei Jahren bedeutete das, 1500 Kilometer Schotterpiste. Doch seit Mister Putin letztes Jahr den fernen Osten besucht hat, gibt es eine tolle, neue Strasse. Nur 50 Kilometer ausserhalb Chitas campten wir und auch am nächsten Morgen hatte der Wettergott kein Mitleid mit uns. Es regnete und regnete. Als Entschädigung führte die neue Strasse durch tolle Landschaften. Die M 55 schlängelte sich durch dichte, endlose Wälder, immer bergauf, bergab. Und wie es hier bergauf ging! Anscheinend wählen die Russen für ihre Strassen immer den kürzesten Weg, also ohne Serpentinen! Steile und lange Steigungen gibt es hier, im Winter sicher nicht einfach für die LKW Fahrer.

Am späten Nachmittag suchten wir in einer Kleinstadt eine Unterkunft, zelten wollten wir bei dem Wetter nicht. Wir folgten dem Hinweisschild, fanden aber keine Gastinica. Dafür erlebten wir, wie gut oder besser, wie schlecht die russische Kanalisation funktioniert. Nämlich gar nicht! Das Wasser steht in den Strassen, man müsste eigentlich ein Boot nehmen… Die riesigen Pfützen kann man nicht immer umfahren, aber man weiß ja nie, wie tief sie sind und was sich im dreckigen Wasser so versteckt. Denn sehr oft fehlen die Gullideckel…

In einer besonders schönen, schlammigen Pfütze blieb Bernd fast im Schlamm stecken und die KTM drohte samt Fahrer in den Schlamm zu kippen. Heidi stiefelte durch die Schlammbrühe und half beim wiederaufrichten. Selbst die Ladas hatten einige Mühe, hier nicht stecken zu bleiben. Nach unzähligen Wasserlöchern und langem, erfolglosen Suchen nach der Gastinica, fuhren wir weiter. Weiter in der Sibirischen Weite. Der wenige Verkehr war angenehm, die Strasse perfekt, nur der Regen störte uns….

Mitten im Nichts faden wir dann, etwas abseits der Strasse, ein Restaurant und Motel. Schnell trockene Sachen angezogen, denn unsere Regensachen hatten dem Regen nicht stand gehalten. Leider gab es keine Dusche, nur einen Wassertank, an dem man sich waschen konnte…Beim abpacken entdeckten wir, dass an Heidis KTM ein Tankhalter abgerissen war. Der Boss des Motels hatte aber ein Schweißgerät, also kein Problem. Morgens, es war 31.Juli und somit Bernd sein Geburtstag, regnete es immer noch, und dicke, dunkle Wolken hingen in den Bergen. Wir frühstückten in aller Ruhe, denn die Steckdose fürs Schweißgerät war im Freien, also musste es trocken sein zum schweissen…

Erst gegen 14 Uhr ließ der Regen nach und wir konnten die kleine Reparatur durchführen. Der Boss hätte uns gern noch da behalten, denn auch er freute sich über die Abwechslung. Doch wir mussten und wollten weiter. Unterwegs trafen wir drei andere Motorradfahrer aus Skandinavien. Wir plauderten lange und es gab eine Geburtstagskeksrunde. Wieder unterwegs kamen wir aber nicht mehr so weit, da stand noch ein Motorrad am Strassenrand. Ein Koreaner auf dem Weg nach Europa machte grad Pause. Unglaublich: nur 5 Minuten später kam noch ein Motorradfahrer! Ein Kroate auf Weltreise (in drei Monaten, durch USA und Russland), und auch hier gab es einiges zu erzählen. Wenig später schlugen wir unser Lager unweit der Strasse auf einer Lichtung auf.

Morgens wieder starker Dauerregen, wir packten im Zelt alles zusammen. Heidi zog die Regensachen an und begann, draussen alles startklar zu machen. Nachdem Bernd im Zelt alles eingepacht hatte, da hörte der Regen auf und wir konnten das nasse Zelt einpacken. Bei Heidi war aber schon alles zu spät, der Regen hatte schon seinen Weg gefunden und das Wasser lief am Nacken herunter….

Die Strasse hatte uns wieder, immer noch ging es durch dünn besiedeltes Gebiet. Mittags liess der Regen nach und wir konnten unsere Regensachen endlich ausziehen. Ein Motorrad kam uns entgegen, schon wieder ein Reisender! Ein Italiener mit einer Harley Davidson, seit einem Jahr in Asien unterwegs. Neuigkeiten werden ausgetauscht und weiter geht es. Da fährt man einsam auf dem Trans Sibirischen Highway, sieht kaum Dörfer oder Städte, ebenso wenige Autos oder LKW’s sind unterwegs. Doch dann kommt ein riesiges „Autobahn Kreuz“, ganz so wie zu Hause. Warum? Hier geht es ab nach Norden, „Magadan, 3177 KM“ steht auf dem Schild. Wieder einmal staunt man über die unglaublichen Entfernungen in Russland.

Wir wollten mal wieder duschen und hielten Ausschau nach einem Motel. Erst spät, nach 21 Uhr fanden wir ein Restaurant mit Motel. Wir bekamen ein Zimmer mit zwei Einzelbetten. Das duschen verkniffen wir uns, denn das sollte 10 € kosten!!!  Auf der Veranda hingen wir unser Zelt zum trocknen auf und wir feierten bei Vodka, Bier und Keksen nachträglich Bernds Geburtstag. Die vielen Moskitos liessen uns schon bald im Zimmer verschwinden. Schnell schliefen wir ein, doch mitten in der Nacht gab es einen lauten Knall. Heidi wollte gerade aufstehen, da brach mit einem lauten Krachen Heidis Bett zusammen!

Morgens reparierten wir notdürftig das Bett. Die Konstruktion konnte nicht funktionieren, denn die kleinen Schräubchen gingen nur für vielleicht 5 Millimeter in den Bettrahmen. Auch war es nicht das erste Mal, denn etliche alte Löcher zeugten davon, dass es wohl schon mehrmals zu einem Zusammenbruch kam. Unsere Notreparatur wird sicher nicht lange halten, wir hoffen nur, dass sich nicht ein altes Mütterchen auf das Bett legt…

Ein paar kleinere Schauern begleitete uns noch ein wenig, bis dann endlich, nach fast vier Tagen Dauerregen, wieder die Sonne hervor kam. Wir kauften in einem Dorf ein paar Vorräte und bei Sonne und fast 30 Grad fanden wir an einem Fluß einen schönen Platz für unser Zelt. Das Zelt stand kaum, da sprang Bernd schon in den Fluß, das tat gut! Endlich mal eine Gelegenheit, sich mal wieder richtig zu waschen!

Auch morgens lachte die Sonne und so legten wir die letzten 400 Kilometer bis nach Khabarovsk bei bestem Wetter zurück. Wir überquerten den Amur und stoppten an einer Tankstelle. In Russland wird man immer sofort angesprochen: “Woher, wohin?“ So auch hier wieder. Doch diesmal fragten wir gleich zurück, denn wir hatten ja die Telefonnummer von Alexander. Doch wie sollten wir ihm erklären, wo wir waren? Anton, so hieß unser „Retter“, verstand, was wir wollten. Er rief Alexander an und der kam wenig später mit seiner Freundin Marina. Die sprach englisch, zum Glück. Wir plauderten noch ein wenig mit Anton, bedankten uns für seine Hilfe und dann brachten uns Marina und Alex zum Clubhaus der „Amur Luchse“.

Unsere Zeit in Khabarovsk verging wie im Flug. Fünf Tage waren wir in der Stadt, jeden Tag, oder besser, jeden Abend ging es rund. Wir trafen unseren Italiener Enrico wieder, der auch bei uns einzog. Gemeinsam hatten wir noch ein TV Interview, fast drei Stunden dauerten die Dreharbeiten und Gespräche. Abends lief es dann auf Russia 1, dem wichtigsten Sender Russlands.

Wir hatten auch das Glück, bei einer Bikerhochzeit dabei sein zu dürfen. Im Motorradkonvoi ging es durch die Stadt, bei jeder Sehenswürdigkeit wurden Fotos gemacht. Zum Feiern waren wir natürlich auch eingeladen. Und die legten abends eine gehörige Schlagzahl vor, was den Vodka anging…

Sonntags war Tag der Eisenbahner, und unser Motorradclub fuhr auch dort hin. Auf dem Festgelände parkten wir direkt am Mahnmal der gefallenen russischen Soldaten. Motorräder sind hier immer noch etwas Besonderes und nicht nur die Kinder lassen sich gern davor fotografieren. Auf der Bühne gab es russische Folklore und es herrschte bei Bier und Schaschlik Volksfeststimmung. An unserem letzten Abend fuhren wir mit ein paar Leuten zum Amur und sprangen in das angenehm warme Wasser.

Montags früh herrschte dann Aufbruchstimmung. Gemeinsam mit Enrico, Ivanovitch, Sergej und Marina fuhren wir südwärts, zum großen Motorradtreffen in Nachodka. Es war ein sehr langer Tag, erst spät abends erreichten wir Ussulisk. Unsere Freunde legten ein ordentliches Tempo vor und wir hatten unseren Rekordtag: 660 Kilometer! Im Hotel nur schnell umgezogen, ging es auch schon im Taxi zu einem chinesischen Restaurant. Eddy, ein Biker aus Ussulisk, leistete uns Gesellschaft. Es wurde ordentlich aufgetafelt, auch der Vodka durfte natürlich nicht fehlen. Satt und gut angeheitert und endlich frisch geduscht fielen wir um 1 Uhr todmüde ins Bett.

Wir hatten uns schon gefragt, warum wir am ersten Tag so weit fahren mussten, denn von Ussulisk bis Nachodka waren es jetzt nur noch 160 Kilometer. Doch Sergej erklärte uns, dass er in der Stadt noch etwas Geschäftliches zu erledigen hatte. Wir fuhren zu einer Bäckerei, in der Eddy der Boss war. Sergej arbeitet auch im Unternehmen, aber in Khabarovsk. Wir schauten uns die „Backstube“ an, sehr interessant, aber auch sehr heiß war es am Ofen. Hier ist fast alles noch Handarbeit, und von Hygiene kaum eine Spur…

Vorbei an Vladivostok ging es auf endlich mal wieder kurvigen Strassen an den Pazifik. Der Veranstaltungsort der Nahodka Bike Week lag direkt in einer Bucht mit grossem Strand, einfach perfekt. Nach der Registrierung parkten wir unsere Bikes am Ende der Bucht, ein Teil des Motorradclubs war schon seit ein paar Tagen hier und hatte den perfekten Platz reserviert - Urlaub auf russische Art. Unser Zelt bauten wir direkt am Meer auf, mit traumhafter Aussicht auf Strand und den Pazifik.

Für uns war es ein sehr bewegender Moment, am Pazifik zu stehen. Nach rund dreieinhalb Monaten hatten wir Russland und die verschiedensten Länder Zentralasien durchquert, mehr als 25.000 Kilometer zurückgelegt...hier endete die Strasse, die quer durch Russland führt.

Der Motorradclub war gut organisiert, ein großer Pavillon schütze vor Sonne, Regen oder Wind. Kaum angekommen, wurde erstmal angestossen, das konnte ja noch was werden…

Neben uns zeltete ein wahrer Überlebenskünstler. Kaum verschwand er im Wasser, kam er schon mit Muscheln, Fischen und Seeigeln zurück. Auch eine Schlange hatte er gefangen, die Haut war schnell abgezogen und schon köchelte das Schlangenfleisch über dem offenen Feuer. Bernd musste unbedingt probieren. Nicht schlecht, aber satt wurde man von der Schlange nicht! Tag 1 unserer Bikeweek war noch recht ruhig, wir schlenderten über die „Main Street“, sassen in einer der vielen Open Air Bars und genossen die Gesellschaft der russischen Biker. Abends wurde gegrillt, und bei Vodka und Bier verging die Zeit wie im Flug.

Am Mittwoch war dann der Tag er Eröffnung, es wurde immer voller auf dem Platz. Zum Frühstück gab es bei uns kalte Fischsuppe und Cognac oder Vodka. Ok, Kaffee war auch möglich. Die nächsten Tage waren sehr schön, langweilig wurde es nie. Baden im Pazifik (noch ohne weisse Haie), Party am Strand oder an unserer Lieblingsbar. Die sah nicht so schön aus wie die anderen, aber das Bier war billiger und die Stimmung war immer am besten. Das lag nicht zuletzt an unserer Truppe, denn die war echt super!

Samstags startete die große Ausfahrt ins nahe gelegene Städtchen Fokino. Die Polizei sperrte die Strassen ab und die lange Reihe der Motorräder wurde von den Leuten am Strassenrand und den entgegen kommenden Autos wirklich frenetisch begrüßt und bejubelt. Gänsehautfeeling pur….

Der erste Stopp war in einem Militärhafen, hier lagen russische Kriegschiffe und wir fuhren einfach so da rein! An einem Denkmal für die gefallenen Soldaten wurden rote Nelken niedergelegt. Im Konvoi ging es in die Stadt, und wieder parkten wir vor einem Denkmal, sehr viele Schaulustige bestaunten die Motorräder. Unsere Motorräder waren recht auffällig, denn KTMs sieht man in Russland nie. Hier werden nur Japanische Bikes gefahren, klar, bei der Nähe zu Japan.

Zurück war die Party schon wieder im vollen Gange. Enrico und wir waren die einzigen Ausländer, und viele kannten uns schon von den letzten Tagen. Eigentlich konnte man nirgends einfach so vorbei gehen, wir wurden immer gleich eingeladen und mussten essen und trinken…Die Russen sind alle super freundlich und sehr gastfreundlich. Aber bei der Bikeweek hatten wir echt bedenken, wie wir die ganze Woche hier überleben sollten….

Samstagabend spielte dann die russische Top Band, Area, extra aus Moskau eingeflogen. Die Massen rasteten völlig aus und die Stimmung war super. Wir bekamen den ersten Preis für die weiteste Anreise, zwei tolle Urkunden im Muschelrahmen, sechs Vodkagläser und natürlich noch zwei Flaschen guten Vodka!

Sonntags war dann ein schwerer Tag, denn es hieß Abschied nehmen von unseren neuen Freunden. Viele kannten wir ja schon aus Khabarovsk, aber die letzten fünf Tage bei der Bikeweek haben uns zu echten Freunden werden lassen.

Zusammen mit Margo, Nastia, Anja, Olga, Svetlana, Nik, Slava, Sergej, Kodak, Samurai, Marina, Wanda, Rosa und all den anderen Bikern des „Lynx of Amur“, allem voran natürlich Ivanowitsch, der President, verbrachten wir einen wirklich unvergessliche Zeit, vielen Dank dafür!

Nach und nach leerte sich der Platz und nur noch wenige Zelte standen vereinzelt auf den Wiesen. Abends gesellten sich noch ein paar andere Russen zu uns, die meisten von weit her. So wurde unsere „Ecke“ zum echten Reiselager. Der letzte Abend mit wenig Vodka war ruhig und wir kamen endlich mal vor 5 Uhr ins Zelt…

Am Montag, nach 6 Tagen Bike Week fuhren wir zusammen mit Enrico nach Vladivostok.

Die 120 Kilometer sollten ja kein Problem sein, aber: die grosse Einfallstrasse nach Vladivostok ist im Bau, dementsprechend dicht und langsam war der viele Verkehr. In Vladivostok kamen wir bei den Iron Tigers unter, einem Motorradclub. Andrej, der Manager hieß uns willkommen und zeigte uns alles. Wir konnten so lange bleiben, wie wir wollten, das sei kein Problem. Kennengelernt hatten wir Michael, den Präsidenten, auch bei der Nahodka Bike Week. Wir zogen ein in der „Box“, so wird das Gästezimmer unter dem Dach genannt.

Enrico war zum Hafen gefahren, denn er musste sein Motorrad abgeben, damit es am Mittwoch auf die Fähre nach Japan verladen werden konnte. Unser Plan war, mit einem Schiff zur russischen Insel Sachalin zu fahren, um von dort aus auf die Nordspitze Japans zu gelangen. Andrej telefonierte sofort und wenig später kam der Rückruf. Die Motorräder wären kein Problem, aber Passagiere kann das Schiff nicht mitnehmen. Also fiel das aus. Kurzzeitig überlegten wir, vielleicht mit dem Zug bis nach Vanino, dem Fährhafen im Norden, zu fahren. Aber auch das klappte nicht, denn die Bikes würden ca. 10 Tage unterwegs sein….und das für nur 1500 Kilometer. Auch der Preis war viel höher, als z.B. der Transport nach Moskau.

So schauten wir uns Vladivostok an, brachten Enrico zum Fährterminal und verabschiedeten uns von unserem italienischen Freund. Er wird für zwei Jahre in Japan arbeiten, auch eine tolle Sache, mit dem Motorrad zur Arbeit zu fahren….

Wir mussten uns nun entscheiden, welchen Weg wir nach Norden fahren würden. Leider gab es keine durchgehende Verbindung an der Küste entlang, und so entschieden wir uns für den direkten Weg zurück. Zurück bedeutete, zurück nach Khabarovsk, und darauf freuten wir uns wirklich sehr! Zwei Tage später standen wir wieder vor dem Clubhaus der „Lynx of Amur“ und Ivanowitsch begrüßte uns herzlich. Wir hatten einigen unserer Freunde schon eine SMS geschickt, das wir wieder in der Stadt waren. Abends feierten wir unser Wiedersehen und bei Vodka, Bier und Pizza hatten wir bis 2 Uhr viel Spass.

Ein wenig Ruhe und ein Museumsbesuch am Samstag taten gut, denn um 20 Uhr mussten wir schon wieder im „Harley Davidson“ sein. Unsere Freunde hatten einen Tisch reserviert und hier ging dann echt noch mal die Post ab. Bis 6 Uhr morgens wurde gefeiert, wie es wohl nur die Russen können, einfach unglaublich!

Sonntags wollten wir weiter, aber da war der Russian Flag Day. Nachmittags wollte der Motorradclub daran teilnehmen. Wir überlegten nur ganz kurz, und blieben noch einen Tag. Gegen 17 Uhr trudelten langsam alle Biker ein, und die russichen Flaggen wurden an den Bikes befestigt. Auch unsere KTMs zeigten Flagge! Punkt 18 Uhr setzte sich der Troß in Bewegung. Schon auf dem Weg ins Zentrum winkten uns viele Leute zu, Autos hupten. Auf dem Leninplatz war dann grosses Tam Tam angesagt, Livemusik, alte russische Autos wurden ausgestellt und wir mit den Bikes mittendrin. Das Fernsehen interviewte einige Mitglieder des Motorradclubs und auch hier waren die Motorräder wieder die Hauptattraktion, viele wollten sich damit fotografieren lassen.  

Dann hiess es: “ Pojechali!“ was soviel bedeutet wie „Los geht’s!“ und wir Motorradfahrer führten den Konvoi durch Khabarovsk an. Alle Kreuzungen waren von der Polizei abgesperrt und viele Menschen standen jubelnd am Strassenrand. Wieder Gänsehautfeeling…so war der letzte Tag in Khabarovsk ein wirkliches Highlight für uns und ein toller Abschluss.

Am letzten Abend gab es bei Pizza und Bier noch eine Abschiedsfeier. Nach fast drei Wochen in der Gesellschaft unsere neuen Freunde fiel der Abschied echt schwer. Wir werden die Zeit in Khabarovsk und dem „Fare East“ sicher nie vergessen….

Die Strasse von Khabarovsk in den Norden führte durch Wälder, aber immer in der Nähe zum Amur. Am Abzweig nach Osten, in Lidoga, tankten wir noch einmal voll und dann begann das letzte Abenteuer auf dem russischen Festland. Von den 325 Kilometern bis zum Hafen in Vanino waren 160 Km Schotter bzw. Erdpiste. Mit dem Ende des Asphalts begann es zu regnen und schon nach kurzer Zeit waren unsere Motorräder mit einer dicken Dreckkruste überzogen. Die Piste schlängelte sich an einem Fluß entlang, teilweise fuhren wir wie in einem Tunnel, so dicht standen die Bäume am Weg. Wir kamen nur langsam voran, da immer wieder Flüsse auf schmalen und sehr rutschigen Holzbrücken überquert werden mussten. Oft fehlten Bretter, also hieß es, aufpassen!

Im letzten Licht erreichten wir den Asphalt und erst gegen 22 Uhr waren wir in Vanino. Im einzigen Hotel der Stadt checkten wir ein und zahlten 60€ für die Übernachtung. Morgens begann dann die Suche nach dem Fährhafen. Am Hafeneingang war ein alter Container, in dem ein Büro war, aber leider sprach keiner Englisch. Die beiden Frauen füllten aber irgendwelche Zettel für uns aus, auch unsere Pässe und Motorradpapiere wollten sie sehen. „Finish“, hieß es, wir sollten losfahren. Wir fuhren durch das gesamte Hafengelände, kein Schild wies den Weg. An einer Schranke ging es nicht weiter, aber eine nette Frau zeigte uns das Ticketbüro. Tatsächlich konnten wir hier Tickets erwerben, nur wussten wir noch nicht, wann denn die nächste Fähre ablegen soll. Wir zahlten 150€ für uns und die Motorräder, ein fairer Preis für die 15 Stunden dauernde Überfahrt. Um 13 sollte die Fähre ablegen, erfuhren wir nun endlich. Super, da mussten wir nur noch eine Stunde warten. Dass alles so unkompliziert funktionieren würde, hätten wir nicht erwartet.

Das alte Fährschiff lag schon am Kai und es wurden Güterzüge entladen. Nachdem andere Züge im Bauch der Fähre verschwanden, fuhren die wenigen Autos und wir in die Fähre. Leider gab es keine Gurte, so musste ein dickes Seil zum Verzurren der Motorräder reichen. An Deck bekamen wir noch Essensmarken, denn das Mittagessen war im Fährpreis inbegriffen. Unsere Kabine war ganz unten, tief im Schiff. Ein muffiger, eher stinkender Geruch schlug uns entgegen – aber leider war keine Luke zum öffnen vorhanden.An Deck gab es aber frische Luft und pünktlich um 13 Uhr legte unser Schiff ab und wir verliessen das russische Festland.

Wir schliefen erstaunlich gut in unserer stickigen Kabine, bis um 2 Uhr nachts an unsere Kabinentür geklopft wurde. Dummerweise kamen wir um 3 Uhr auf Sachalin an. Eine echt schlechte Zeit. Wir warteten am Fährterminal bis es hell wurde und legten unsere letzten 150 Kilometer bis nach Korsakov zügig zurück. Im Hafen angekommen, kam ein Mann auf uns zu und fragte: „Japan?“, wir bejahten und er wies uns den rechten Weg zum Ticketbüro.

Hier wurden alle Papiere kopiert, auch unsere Carnets, die internationalen Führerscheine und auch einige Zettel mussten ausgefüllt werden und schon war das Schiff gebucht! Wir bezahlten 660€ für unsere Tickets und den Agenten, der die Zollformalitäten erledigen wird. Nur für unsere Motorräder, da müssen wir erst in Japan zahlen…na, dass kann ja was werden!

Alle Verschiffungsinfos gibt es hier:

Beim Waschen unserer Motorräder entdeckten wir, dass an Heidis Vorderrad eine Speiche fehlte und dass der Gepäckträger gebrochen war. Da hatte uns das letzte Stück russische Piste wohl noch ein Andenken geschenkt. Ein netter Automechaniker schweißte fachmännisch den Träger und eine neue Speiche hatten wir noch dabei.

Am 26.8. um 8 Uhr standen wir am Zollgebäude. Alles war sehr gut organisiert, nur ein kurzer Blick auf die Zollerklärung und schon hatten wir den Ausreistempel im Pass. Das Verladen der Motorräder war kein Vergleich mit der russischen Fähre. Gleich 5 Japaner wiesen uns den rechten Weg auf dem Schiff, kaum geparkt, fingen sie auch schon damit an, die Bikes zu sichern.

Pünktlich um 10 Uhr haben wir Russland endgültig verlassen….

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